Digitale Museumpraxis
Eine ganzheitliche Herangehensweise
Verband der Museen der Schweiz (Hrsg.).
Zürich 2019. 20 Seiten.
(av) Inzwischen weiß es Jede*r: Digitalisierung ist eine Querschnittsaufgabe. Sie anzugehen, will die vorliegende Broschüre mit Werkzeugen und Denkanstößen Museumsschaffende unterstützen. Sie sollen sich eine „Digital Literacy“ aneignen, um die notwendigen Aufgaben zu meistern. Dabei wird sogleich zu Beginn als Ziel der Digitalisierung benannt: „im Einklang mit dem jeweiligen institutionellen Selbstverständnis einen Austausch mit den Nutzerinnen und Nutzern zu beginnen resp. zu überprüfen und erfolgreiche Begegnungen vor Ort und online zu schaffen.“ Der Fokus liegt mithin auf Kommunikation und Vermittlung.
Leider verzichtet die Broschüre auf eine kurze Darstellung ihrer Gliederung. Sie besteht aus Einführung, Digitale Strategie, Nutzer*innen-Gruppen, Content, Prozess der Projektentwicklung, Umsetzungsideen, Umsertzungsbeispiele, Glossar und schließlich Literaturtipps.
Der erste Baustein ist die digitale Strategie. Sie soll die bereits vorhandenen Bemühungen zusammenführen und auf gemeinsame Ziele hin bündeln. Ihre Verschriftung soll wandelfähig bleiben, idealerweise als „Living Document“ oder Wiki-Website. Der zweite Baustein ist das Verständnis von den Nutzer*innen. Sie sollen genauso ernst genommen werden wie Museumsbesucher*innen. Dafür muss man freilich sein Publikum erst einmal kennen, was aber bei vielen Museen nicht der Fall ist. Und die Broschüre hält für diese Evaluation leider keinerlei Hinweise bereit. Der dritte Baustein ist die Produktion von Inhalten – natürlich als Storytellung, crossmedial und möglichst Creative Commons. Das ist für Neulinge der Materie aber sofort sehr anspruchsvoll gestartet.
Dem Entwicklungsprozess wird auch eine Seite gewidmet. Explore – Create – Evaluate. Letzteres wird weiter ausgeführt als „grundlegend für den sich wiederholenden Prozess“. „Dafür müssen von Beginn an Ressourcen eingeplant werden, denn das regelmässige Überprüfen der Aktivitäten und das Auswerten von Daten benötigt Zeit und Expertise.“
Wahr gesprochen, denn leider leider ist das tagtägliche Erleben in Museen ein anderes: Nur große Museen leisten sich Evaluationen und selbst diese passieren meist durch interne Kräfte. Gerade bei – häufig Drittmittel-finanzierten – digitalen Prjekten ist hierbei dann aber die Wahrhaftigkeit mitunter ein Problem: Sooo genau will man den Nutzen und die Effekte von Apps, Virtuellem und anderen Innovationen oft dann doch nicht wissen, weil so manches prämierte Gaming-Projekt bereits nach wenigen Monaten in der Museumspraxis verpufft. Evaluierung findet daher oft nur in der Implementierungsphase statt, oft sogar in Mitverantwortung mit dem Softwareentwickler. Die Kenntnis des Publikums sollte daher nach Überzeugung der Rezensenten erstens ebenso am Anfang von Digitalisierungsprojekten stehen und zweitens unter Einbindung unabhängiger Dritter geschehen. Aber Evaluation meint in der Broschüre dann auch nur Piwik, Google Analytics und qualitativ auch noch eine Testgruppe fragen…
Die präsentierten Umsetzungsideen sind allesamt sehr anspruchsvoll: Mobile Webapp, Digitales Storytelling, Gamification, Crowdsourcing und Hackathon, Digitale Sammlung online.
Die Umsetzungsbeispiele kommen merkwürdigerweise ohne Verlinkung einher. Sie gerinnen zu Werbeschnipseln einzelner Museen – ohne einen wirklichen Mehrwert. Es sind eigentlich auch gar keine „Beispiele“, sondern dies ist wohl eher eine Liste der Schweizer Digitalisierungs-Leuchtturm-Projekte.
Das Glossar ist in seinen Erläuterungen sehr verknappt, mitunter sehr banal: „Living document: Dokument, das permanent verändert und bearbeitet werden kann.“ „Upload: hochladen von Daten.“
Abschließend rätselt der Rezensent über die Zielgruppe dieser Broschüre. Wer sich bereits einigermaßen mit dem Thema befasst hat, dem wird hier nichts Neues vermittelt. Wer sich aber noch nie mit dem Thema befasst hat, dem werden hier nur „Lösungen“ präsentiert, für deren Anspruchshöhe wohl sowohl das Know How als auch die Ressourcen fehlen. Hilfen für erste Schritte – die sehen anders aus.
Die Veröffentlichung ist als PDF hier frei erhältlich.